X-pire! – Verfallsdatum für Bilder im Internet

Schon seit einiger Zeit geistert der Begriff des „digitalen Radiergummis“ im Netz herum. Hiermit ist das gleichnamige Produkt der Firma X-pire! gemeint.

Bei X-pire! handelt es sich aber streng genommen gar nicht um einen „Radiergummi“, sondern um die Definition eines Verfalldatums. Es geht also nicht darum, im Internet veröffentlichte Daten nachträglich löschen zu können. Hierzu gibt es aktuell noch keine Technik.

Sinn des X-pire!-Service ist es, dass Informationen nach einer vordefinierten Zeit im Internet nicht mehr abrufbar sind. Zunächst hat sich die Firma auf den „Schutz“ von Bildern spezialisiert. Diese sollen nun vor einer Veröffentlichung im Internet mit einem Verfallsdatum versehen werden. Ist dieses abgelaufen, können die Bilder nicht mehr betrachtet werden.

Im Grunde ist dies durchaus ein interessanter Ansatz. Landen doch immer wieder Bilder im Netz, die man gerne zu einem späteren Zeitpunkt wieder entfernen möchte. Insbesondere Jugendliche sind schnell dabei die lustigen Schnappschüsse der letzten Party zu veröffentlichen oder noch unangenehmere Zeitzeugen in Form von Bildern zu veröffentlichen.

Schaut man sich den Dienst dann aber etwas genauer an, muss man feststellen, dass dieser Service nur sehr eingeschränkt den gewünschten Schutz bietet. Wie schon erwähnt, das nachträgliche Entfernen von Bildern ist damit nicht möglich.

Funktionsweise von X-pire!

Bilder bei Facebook hochladen

Mittels X-pire! werden Bilder verschlüsselt, so dass man sich diese nur ansehen kann, wenn man den entsprechenden Schlüssel hat. Vor dem Upload eines Bildes wird also von einer speziellen Software dieser Schlüssel in das Bild integriert.

Jemand, der sich dieses Bild ansehen möchte, muss nun auch wieder mit einer speziellen Software den Schlüssel zu dem Bild ermitteln und das Bild damit entschlüsseln.

Bei der Verschlüsselung des Bildes gibt der Besitzer nun noch an, wie lange der Schlüssel gültig ist. Ist dieser Zeitraum abgelaufen, dann wird der Schlüssel entfernt und das Bild lässt sich nicht mehr betrachten. Der Schlüssel wird übrigens auf einem zentralen Server der Firma X-pire! abgelegt.

Derjenige, der das Bild ins Netz lädt kann zusätzlich noch definieren, ob das Bild mit einem Captcha geschützt werden soll. In diesem Fall muss zunächst das Captcha eingegeben werden, bevor die Software sich den Schlüssel besorgt. Damit soll verhindert werden, dass die Schlüssel maschinell ermittelt und ggf. an anderer Stelle zwischen gespeichert werden.

Rahmenbedingungen und die daraus resultierenden Mängel von X-pire!

Wie aus obiger Beschreibung ersichtlich funktioniert das ganze System nur, wenn beide Seiten – also der „Uploader“ und der „Betrachter“, die benötigte Software installiert haben. Diese Software gibt es im Moment nur für den Firefox als Plugin. Wer also zurzeit mit einem anderen Browser unterwegs ist, kann die Funktion nicht nutzen.

X-pire! im Browser

Ein weiteres Problem sind die Internetdienste, bei denen man aktuell Bilder hoch laden kann. Viele dieser Dienste bearbeiten die Bilder in der Regel. So werden Bilder oft mit diversen Methoden komprimiert. Hier haben sich die Entwickler zwar etwas einfallen lassen, damit der in das Bild integrierte Schlüssel auch diese Prozedur übersteht. Im Moment können aber Bilder nur auf Facebook, wer-kennt-wen und Flickr hoch geladen werden.

Wurde das Bild einmal entschlüsselt, kann man es relativ problemlos unverschlüsselt abspeichern und so auch wieder dem Netz zuführen. Natürlich kann der Dienst auch nicht vor Screen-Shot Programmen und ähnlichen Möglichkeiten der Vervielfältigung schützen.

X-pire schützt im Moment auch nur Bilder im jpeg-Format. Alle anderen Formate lassen sich aktuell also nicht schützen.

Bei diesen ganzen Einschränkungen fragt man sich, ob dieser Dienst denn schon tatsächlich praxistauglich ist oder vielleicht doch nur einen ersten Alpha-Status eines eher theoretischen Forschungsprojekt darstellt.

Wem nutzt dieser Service?

Mir ist noch nicht wirklich klar, wem dieser Service etwas nutzt. Abgesehen von der etwas umständlichen Handhabung gibt es meiner Einschätzung nach viel zu wenig wirklich sinnvolle Anwendungsfälle.

Die oben von mir skizzierten Fotos, die man später gerne wieder aus dem Netz haben möchte, werden doch mittlerweile häufig direkt nach der Erstellung ins Netz geladen. Meist sind es doch sogar Fotos, die mit dem Handy erstellt wurden und dann direkt auf Twitter, Facebook und Co landen.

Auf der anderen Seite möchte man die Fotos doch jedem „Freund“ zur Verfügung stellen und nicht nur denjenigen, die ein Entschlüsselungsprogramm installiert haben.

Ein solcher Dienst würde wahrscheinlich viel mehr Sinn machen, wenn er direkt in entsprechende Plattformen integriert wäre. Auch wenn damit auch kompletter Schutz möglich ist.

Problematisch stelle ich mir auch vor, im Vorfeld schon zu entscheiden, wie lange ein Bild verfügbar sein soll. Muss ich demnächst dann immer nachsehen, ob meine Bilder verfallen sind? Wenn ich sie dann doch länger im Netz haben möchte, muss ich sie wohl wieder neu einstellen?

Fazit

Mir scheint, dass hier eine grundsätzlich interessante Idee von Theoretikern entwickelt wurde und der eigentliche Nutzen völlig an der Praxis vorbei geht.

X-pire! Einstellungsdialog

Ein großes Datenschutzproblem sehe ich auch in der möglichen Speicherung der Zugriffe auf die Schlüssel. Die Firma X-pire! könnte so durchaus diverse Benutzerverhalten ermitteln.

Viele weitere Fragen scheinen mir auch nicht geklärt. Was passiert zum Beispiel, wenn der Dienst nicht mehr zur Verfügung gestellt wird und die Server abgeschaltet werden. Jedes verschlüsselte Bild wäre dann nicht mehr erreichbar.

Ach so, was ich noch gar nicht erwähnt habe. Der Service ist auch nicht kostenlos! Für ein 3-Monats Abo zahlt man 6,99€, 6 Monate kosten 12,99€ und das Jahresabo bekommt man für 23,99€. Hier könnte man den Eindruck gewinnen, dass jemand mit einem vermeintlichen Datenschutz-Service ein wenig Kasse machen möchte.

Das sind Kosten, die gerade die Klientel, die solch einen Dienst nutzen sollte, meist nicht bereits sein wird zu zahlen. Hier wäre es sicherlich förderlich, wenn man ein kostenloses Abo anbietet, welches vielleicht die Anzahl der Schlüssel pro Monat begrenzt.

Meiner Meinung nach ist X-pire! ein Dienst, der selbst ein kurzes Verfallsdatum hat. Nach dem ersten Medieninteresse wird das Produkt wahrscheinlich wieder schnell in der Versenkung verschwinden. Da hilft es auch nicht, dass Frau Aigner so begeistert von dem Dienst ist.

Meine Empfehlung ist daher, vor dem Upload eines Bildes das Hirn einschalten und genau prüfen, ob man das Foto tatsächlich der allgemeinen Öffentlichkeit präsentieren möchte.

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