Nachdem der neue Standard im Smarthome Umfeld „Matter“ nach langer Entwicklungszeit nun endlich an den Start gehen soll, habe ich mich auch mal schlau gemacht, was das für meine FHEM Haussteuerung bedeuten wird.
Nachfolgend werde ich erst einmal ganz kurz auf Matter und Thread eingehen. Dann stelle ich nochmals kurz meine aktuellen Komponenten meiner Haussteuerung dar und nutze diese dann zu Darstellung, wie sich die Umgebung mit Matter demnächst ändern könnte.
Was ist eigentlich Matter
Matter ist das Folgeprojekt von „Connected Home via IP“ (CHIP), welches von viele großen Firmen ins Leben gerufen wurde, um das Thema Smart Home zu vereinfachen und die Kompatibilität der Geräte untereinander sicher zu stellen. Koordinator des Projekts war die Zigbee Alliance, die sich nun Connectivy Standards Alliance (CSA) nennt.
Mittlerweile wurde der Markenname „Matter“ definiert, unter dem die Entwicklung des Smart Home Standards getrieben werden soll.
Matter ist also ein standardisiertes Protokoll, welches dafür sorgt, dass sich entsprechende (Smarthome)-Geräte problemlos miteinander verbinden lassen. Sämtliche Geräte, die dieses Protokoll unterstützen, können zukünftig von unterschiedlichen Systemen gesteuert werden. Dann ist es beispielsweise egal, ob man Google Nest, Apple Homekits oder Amazon Alexa als Steuerung benutzt.
Neue Geräte können einfach – beispielsweise über Bluetooth – in die eigenen Umgebung eingebunden und gesteuert werden. Hierzu gibt es vordefinierte Befehle für die unterschiedlichen Gerätegruppen, die von Matter definiert werden. Lampen können damit an- und ausgeschaltet werden, Rolladen hoch- und runtergefahren und vieles mehr.
Matter selbst ist aber keine Smarthome Steuerung. Mit dem Standard wird die Übertragung von Daten gesteuert sowie deren Inhalte festgelegt, damit Basisfunktionalitäten von allen Systemen genutzt werden können. Zur Definition von Regeln beispielsweise wird man zukünftig immer noch spezielle Steuersysteme benötigen, wie u.a. auch das von mir eingesetzt FHEM.
Zusätzlich wird mit Matter ein hoher Sicherheitsstandard implementiert. Hierzu gehört auch, dass grundsätzlich keine Cloudanbindung benötigt wird und die Kommunikation nur im eigenen Netz stattfindet.
Thread als neuer Funkstandard von Smarthome-Geräten
Matter ist also das Protokoll – also das Sprachlexikon – für die Verbindung von Smarthome-Geräten. Nun stellt sich die Frage, wie sich die jeweiligen Geräte miteinander unterhalten können. Matter unterstützt neben (W)LAN auch den Funkstandard Thread sowie Bluetooth. Während Bluetooth in der Regel zur Integration neuer Geräte genutzt wird, ist Thread ein Funksystem, welches ein eigenen Mesh Netzwerk aufbaut.
Ein solches Mesh-Netzwerk kennt man auch bereits im WLAN-Umfeld. Hierdurch wird keine Basis benötigt, mit der sich die Geräte verbinden müssen, um sich untereinander zu unterhalten. Im Thread-Netzwerk kann sich jedes Gerät grundsätzlich mit allen anderen Geräten unterhalten, die den Thread Standard unterstützen. Hierdurch wird auch die Reichweite einer Haussteuerung vergrößert und im Fehlerfall können andere Geräte dafür sorgen, dass die Kommunikation nicht abbricht.
Im Prinzip ist Thread also ein wesentlicher Grund, warum wir zukünftig nicht mehr darauf achten müssen, ob sich bestimmte Geräte eines Herstellers in die eigene Haussteuerung integrieren lassen. Wenn das Gerät zu Thread kompatibel ist, kann es auf jeden Fall eingebunden werden.
Damit die „Thread“-Haussteuerung mit dem Internet kommunizieren kann, wird lediglich ein sogenannter Border-Router im Netzwerk benötigt. Dies ist ein Gerät – z.B. ein HomePod Mini von Apple – was einerseits das Protokoll unterstützt, um sich mit dem Internet zu verbinden und andererseits den Funktstandard Thread implementiert hat. Zukünftig werden wahrscheinlich viele Hersteller ihre aktuellen Bridges – idealerweise per Softwareupdate – zu einem Border-Router umfunktionieren.
Es gibt aber auch Hersteller, wie Signify (Hue), die zwar das Matter Protokoll unterstützen werden aber wohl kein großeres Interesse haben, eine Thread-Implementierung in ihre eigenen Produkte zu integrieren (Interview mit George Yianni von Signify).
Was bedeutet Matter bzw. Thread nun für FHEM-Umgebungen
Grundsätzlich haben Matter und Thread erst einmal keine besondere Auswirkung auf FHEM. Der Vorteil liegt in Zukunft wohl eher darin, dass deutlich mehr Geräte in die eigene Haussteuerung integriert werden können, ohne das man wieder spezielle neue gerätespezifische Module entwickeln muss.
Sofern ich das Thema verstanden habe, wird es so richtig interessant, wenn die Hersteller von Bridges verstärkt auf Thread setzen und es auch immer mehr Thread Geräte gibt. Schauen wir uns dazu ein Beispiel an, mit dem ich im Moment kämpfe.
Lösungsansätze vor Matter bei Einbindung von Smarthome-Geräten
Vor einiger Zeit habe ich mir eine schaltbare Steckdosenleiste von Lidl besorgt, die eigentlich den Funkstandard ZigBee unterstützt. Eigentlich würde man erwarten, dass man diese Steckdosenleiste nun beispielsweise an eine Hue-Bridge anlernen und steuern kann. Da es in FHEM ein Modul für die Hue-Steuerung gibt, hätte man dann auch sehr einfach die Steckdosenleiste über FHEM steuern können.
Leider funktioniert das so einfach nicht. Im Prinzip muß man den Umweg über einen zusätzlichen Dongle gehen, der ZigBee so implementiert hat, dass nahezu sämtlichen Geräte, die ZigBee unterstützen, eingebunden werden können. Für diesen Dongle gibt es dann wieder ein FHEM-Modul und man hat die Hoffnung, dass die Geräte dann nicht nur eingebunden, sondern auch individuell gesteuert werden können.
Im Prinzip muss man für FHEM also immer nach Geräten suchen, die sich über entsprechende FHEM Module in die Haussteuerung einbinden lassen. Dies kann dazu führen, dass man diverse Bridges nutzen muss oder zusätzliche Funkgeräte an die Smarthome-Komponenten eingebunden werden können.
Lösungsansätze mit Matter bei Einbindung von Smarthome-Geräten
Mit Matter sollte es zukünftig wahrscheinlich einfacher werden, die Befehle für neue Geräte zu implementieren. Wenn ich es richtig sehe, müsste man nicht mehr auf die proprietäre Schnittstelle eines Herstellers zugreifen, sondern könnte ggf. ein Matter Modul entwickeln, bei dem man nur den Zugriff auf beispielsweise eine Bridge benötigt, die Matter unterstützt. Damit werden dann zwar keine Spezialfunktionen abgedeckt aber jedes Matter-Gerät müsste auf diese Weise bezüglich der Basisfunktionen steuerbar sein.
Wenn also die HUE Bridge demnächst Matter unterstützt, dann sollte diese über ein FHEM-Mattermodul auch die entsprechenden Geräte steuern können. Das bedeutet aber auch, dass mein Beispiel mit Lidl Steckdosenleiste immer noch nicht optimal funktionieren würde, da ich diese immer noch nicht mit der HUE Bridge verbinden kann. Wenn nun eine Lidl-Bridge auch Matter unterstützt, könnte man darüber die Steckdosenleiste wahrscheinlich in FHEM einbinden, ohne dass ich ein spezielles Modul für die Steuerung der Lidl Bridge benötige. Hier müsste wahrscheinlich wieder das FHEM Matter-Modul entsprechende Dienste leisten.
Lösungsansätze mit Thread-kompatiblen Smarthome-Geräten
Nachteil einer reinen Matter-Lösung ist, dass man immer noch diverse Bridges benötigt, um die Geräte ins Netzwerk zu integrieren. Interessant wird es daher wohl erst, wenn Geräte selbst den Thread-Funkstandard unterstützen. Dann würde man nur eine Bridge (HomePod, Alexa Echo, …) benötigen.
Wenn also die Lidl-Steckdosenleiste Matter- und Thread-fähig wäre, dann könnte sie beispielsweise mit einem Alexa Echo der 4. Generation eingebunden werden (sobald dieser auch Thread und Matter unterstützt). In FHEM benötigt man dann ein Modul, welches mit einem Echo-Gerät kommunizieren kann.
Fazit
Man sieht, dass Matter als Protokoll-Standard zwar die Steuerung von Geräten vereinfacht aber die richtige Flexibilität erhält man erst durch Thread-fähige Geräte. Nur dann wird man sich den Zoo von diversen Bridges sparen können, wenn einem die Standardfunktionen genügen.
Ich könnte mir vorstellen, dass es zukünftig gerade bei den günstigen Smarthome Geräten immer mehr Geräte gibt, die auch Thread unterstützen. Dafür werden Hersteller, wie beispielsweise Signify, die maximal Matter einsetzen wollen, auf mehr Funktionalitäten setzen, die über Matter wahrscheinlich nicht direkt nutzbar sind. So wird sich immer mehr die Frage stellen, ob man solche Spezialfunktionen benötigt oder ob man mit den Basisfunktionen gut leben kann.
Mal sehen, wie sich das Thema in Zukunft weiter entwickelt und welche Geräte demnächst Matter bzw. Thread unterstützen werden. Hier findet man eine entsprechende Übersicht für Matter Geräte. Sucht man nach Thread-kompatiblen Geräten, dann findet man aktuell in erster Linie Eve-Geräte.
Zugegebenermaßen habe bin ich noch nicht zu 100% sicher, ob ich die Technik bzw. die Möglichkeiten wirklich richtig verstanden habe. Wenn meine obigen Beschreibungen bzw. Annahmen also nicht korrekt sein sollten, korrigiert mich gerne.
Was und wie muss ich Dongle-E flashen um ihn in Fhem benutzen zu können ohne meine vorherigen Geräte zu verlieren?